Am Bildschirm nach links gewischt und die letzten Eindrücke leben wieder auf: ein Blick durch die Zinnen einer Burg aus Lehm und Stroh, die seit kaum einem Jahrhundert verlassen ist und nun Stück für Stück wieder in den Boden zerfließt. Keine überlebensnotwendige Fluchtburg mehr, kein Getreidespeicher, nur noch eine Attraktion für den Tourismus, beschrieben durch 3 Sätze im Reiseführer. Holzfasern und Steinsplitter, die wieder in der Erde verschwinden und vom Wüstenwind verweht werden. Eine Festung aus brüchigem Lehm steht auf einem kilometerhohen Stapel übereinandergeschichteter Urlaubsfotos, alle mit demselben Motiv, von genau derselben Stelle aus durch ein Loch in der Lehmwand aufgenommen, vor dem sich alle drängen, um einen Blick über das Tal festzuhalten und dann über die Kontinente zu verbreiten: Kräftiges Blassblau, darunter flimmern die Hügelkämme in verschiedenen Ockertönen; viele Schichten, zart abgestuft und angenehm beruhigend für die Wahrnehmung, dazwischen orange verstaubte, grüne Inseln mit bis in die obersten Äste verteilten langhaarigen Ziegen, die unbeirrt ledrige Blätter kauen. Es gibt keine genauen Jahreszahlen, nur ungefähre Angaben und Schätzungen zur Burg und ihren Menschen, keine Broschüren oder Informationstafeln vor Ort, nur Geschichten von ein paar Erzählern, die am Parkplatz warten und ihre Version der Vergangenheit anbieten, neben Postkarten, Süßigkeiten und Kunsthandwerk. Ausgeschmückte Geschichten voller Namen und Abenteuer, die nur überleben, solange Ohren und Herzen in ihnen wohnen und die mit ihren Erzählern wieder im Sand verschwinden wie die Burgmauern.